Montag, 22. September 2025

Prozac next

Ein Foto von zwei alten, analogen Messgeräten, die in eine Holzplatte eingelassen sind. Das obere runde Gerät ist ein Amperemeter, das untere in einem quadratischen Metallgehäuse ist ein Voltmeter, beschriftet mit "PHYWE 7872".
 

Freitag war ein voller Tag. Erst schreiben, dann in die Klinik.

Beim Meetup war ich fleißig, hab viel geschafft. Ein weiteres Kapitel abgeschlossen. Danach ein wenig harmloses Zeug mit den Leuten geschnackt. Es ging um Fantasy - wieso schreiben eigentlich so viele Leute Genre-Literatur? Vor allem Fantasy fällt mir schwer nachzuvollziehen! Ich habe nichts gegen Fantasy per se, aber es scheint mir die Wohlfühlliteratur der Leute, die sich ihre eigene Welt kreieren, um aus der Realität zu flüchten. Aber immer noch besser als Sachliteratur.

Samstag, 20. September 2025

LITERATUR ist mir geblieben XII – Ilb 2025: Mieko Kawakami

Ein Foto, das den Blick von hinten auf ein Publikum in einem Theatersaal zeigt. Auf einer großen Leinwand auf der Bühne wird das "25. internationale Literaturfestival Berlin" mit den Veranstaltungsdaten und einer großen, pinkfarbenen Zahl 25 angekündigt.

Am Donnerstag war ich beim Internationalen Literaturfestival in den Berliner Festspielen. Ich sah Mieko Kawakami, eine meiner japanischen Lieblinge, gleich zweimal. Ihre Bücher sind hervorragend: Brüste & Eier, Heaven, All die Liebenden der Nacht. Am Vormittag las sie bei der Deutschlandpremiere vor Schulkindern. Im neuen Roman Das gelbe Haus geht es um eine Teenagerin, die auf die kriminelle Bahn gerät. Ich hörte sie reden, sah sie gestikulieren.

Donnerstag, 18. September 2025

Acht Jahre

Poster „Running Route, Berlin-Prenzlauer Berg“ von Maurice Pehle. Motiv: Blick durch eine Unterführung mit massiven Eisenpfeilern. Im Hintergrund verläuft die Flucht aus Licht und Schatten. Am unteren Rand der Schriftzug „Running Route“ mit dem New-Balance-Logo und dem Claim „RUN YOUR WAY“.

Gestern sah ich E. wieder. Zum ersten Mal nach acht Jahren. Wir begegneten uns zufällig auf dem Friedhof hinterm Haus. Wenn man an Zufälle glaubt. Andere nennen es Schicksal, manche göttliche Fügung. Ich glaube an nichts. Ich weiß nur: Acht Jahre sind eine verdammt lange Zeit, wenn man davor zusammengelebt hat und der Kontakt von jetzt auf gleich komplett abbricht.

Dienstag, 16. September 2025

Meetup my feet up

Blick aus einem Fenster auf die Spree in Berlin, im Vordergrund ein Tisch mit Laptop und Ladecase für In-Ear-Kopfhörer.

Ein neuer Kommentar von gestern besagt, dass mein Selbstmitleid zu kontraproduktiv sei. Das sei weder gut für mich noch für die Lesenden hier. Also schreibe ich heute über was Gutes.

Montag, 15. September 2025

Confessiones Therapeuticae - Die therapeutische Beichte eines Käfers

Ein Mann mit einer blauen Jacke und einer dunklen Hose steht auf einem Kiesweg. Über ihm sind Bäume und zwei Hütten mit dunklen Dächern. Das Foto wurde von einer erhöhten Warte aus aufgenommen, man sieht im unteren Bildbereich eine steinerne Balustrade. An der Balustrade befindet sich Graffiti, unter anderem der Schriftzug "So I hope you find your way back to the light".

Beim letzten Meetup in Charlottenburg lernte ich einen jungen Italiener aus Alto-Adige, sprich Südtirol, kennen. Dort hatte er als Religionslehrer gearbeitet, inzwischen lebt er in Berlin und macht einen Master in Philosophie.

Wir sprachen über die Nähe von katholischer Beichte und psychotherapeutischer Sitzung. Schnell kamen wir auf The Godfather Part III: Michael Corleone beichtet einem Kardinal den Mord an seinem Bruder Fredo. 

Samstag, 13. September 2025

Des Teufels Anwalt

Ein Waldweg im Thüringer Wald bei Manebach, umgeben von hohen Nadelbäumen.

Wieder zurück aus dem Thüringer Wald – schön, wie deutsche Wälder nun mal sind: hauptsächlich Monokultur, zwischendurch ein paar gemischte Laub- und Nadelbäume, ein Eichelhäher als Wachposten, ein Specht, wenn man auf leisen Sohlen unterwegs ist. Die Wanderwege sind für’n Arsch, die Aussicht hielt sich in Grenzen – vielleicht hatten wir auch einfach die falschen Touren erwischt. An beiden Tagen: je halb Sonne, halb Regen, der immer stärker wurde.

Samstag, 6. September 2025

Manchmal ist es besser, nichts zu tun

Eine große, futuristische Skulptur namens "Molecular" des deutschen Künstlers Florian Hecker, aus transparentem, spiegelndem Material wie Glas oder Acryl, ist in der Nacht beleuchtet. Ihre spiralförmigen und rohrförmigen Elemente sind in einem Gittermuster angeordnet, das an eine komplexe Maschine erinnert. Das Kunstwerk reflektiert das blaue Licht einer gezielten Beleuchtung, die Teil einer Veranstaltung, möglicherweise einer Soundscape-Installation, im Garten der Neuen Nationalgalerie ist. Im Vordergrund sind dunkle, grobe Steine zu erkennen, die die Skulptur tragen.
 

Weg von den düsteren Gedanken. Hin zu Dingen, die ich erlebt und gefühlt habe, weil ich in letzter Zeit so wenig von meinem Alltag berichte: richtig gut sind die auch nicht, aber das erwartet hier, denke ich, niemand. Manches ist es doch wenigstens teilweise:

Donnerstag, 4. September 2025

Keinen suizidalen Kratzer

Ein rotes Rennrad, das im Vordergrund steht und den größten Teil des Bildes ausfüllt. Ein schwarzer Fahrradhelm mit gelben Streifen hängt am Lenker. Eine kleine schwarze Action-Kamera ist ebenfalls am Lenker befestigt. Der Lenker ist mit weißem Lenkerband umwickelt. Im Hintergrund ist ein heller Flur mit einer geschlossenen Tür zu sehen.

Letzte Woche habe ich mir einen Helm gekauft. Zum ersten Mal in meinem Leben besitze ich einen. Um etwas zu schützen, das längst nicht mehr schützenswert ist. Das Leben lässt einen schon merkwürdige Dinge tun.

Sonntag, 31. August 2025

Das Notstromaggregat

Eine abstrakte, dunkle Bronzeskulptur von zwei ineinander verschlungenen menschlichen Figuren, die vertikal in die Höhe und in den Boden ragen. Sie stehen in der S-Bahn-Station am Potsdamer Platz in Berlin auf einem runden Sockel vor einem modernen Gebäude mit Glasdach und einer Rolltreppe. Im Hintergrund ist ein Hochhaus zu sehen. An einer Betonwand daneben hängt ein großes Plakat mit der Aufschrift 'Einkaufen ist Genuss!'. Die Szene wirkt düster unter einem bewölkten Himmel.

Ich sah neulich wieder ein Pärchen, das in meinen Augen völlig armselig ist. Als Paar. Einzeln kenne ich sie nicht. Sie ist eine Plapperstrippe, dominant, bestimmt alles – von der Wohnungseinrichtung über die Katzen samt Namen bis hin zu den Büchern, die er lesen darf. Er eine Wurst, wie er dasaß und nicht den Mund aufbekam. Vielleicht ist er von Natur aus schüchtern. Vielleicht ist er erst über die Jahre so geworden. Schwer zu sagen. Jedenfalls: keine schöne, keine erstrebenswerte Beziehung. Nach meinen alten Maßstäben.

Mittwoch, 27. August 2025

Zu sich holen

 

Das Bild zeigt den Schriftsteller Giancarlo Pugliese am Grab von Wolfgang Herrndorf. Im Vordergrund eine angeschnittene braune Bierflasche. Giancarlo, auch bekannt als Victor Mancini, trägt Bart, Tattoos am rechten Unterarm und ein dunkles T-Shirt mit der Aufschrift ‚fontaines d.c.‘. Hinter ihm der Grabstein mit der Inschrift ‚WOLFGANG HERRNDORF‘ sowie den Lebensdaten ‚1965–2013‘, daneben Blumen. Im Hintergrund ein rotes Ziegelgebäude und Bäume.

Gestern war der 12. Todestag von Wolfgang Herrndorf. Wie jedes Jahr besuchte ich sein Grab, sprach mit den Blumen und dem Stein. Es tut gut, mit einem Toten zu sprechen. Besser als mit den Lebenden zurzeit.

Nicht, dass ich ihn gekannt hätte. Leider nicht. Oder zum Glück nicht. Wäre er nett und mir ein Freund gewesen, würde er mir heute fehlen. Wäre er mir unsympathisch gewesen, würde mir seine Literatur wohl nicht so gefallen, weniger bedeuten. So oder so setze ich mich einmal pro Jahr, an seinem Todestag, an sein Grab auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof und trinke ein Bier. Mit seinem Stein. So auch gestern.

Montag, 25. August 2025

LITERATUR ist mir geblieben XI: Akuter Stress vom Lesetreff

 

Auf einer Fensterbank stehen in einem weißen Topf eine verwelkte Pflanze mit langen, herunterhängenden Blättern. Daneben liegen zwei Bücher: "Hunchback" und "Denk dir die Stadt". Im Hintergrund ist die Straße mit modernen Gebäuden zu sehen, und die Sonne scheint.

Eine Leserin fragte mich, ob ich nicht die in Here comes the Prozac erwähnten Tricks verraten könnte, bei akuten Belastungsreaktionen oder Panik im Anflug. Gern teile ich sie mit euch, auch wenn wir hier nicht von Raketenwissenschaft reden. Es sind ganz einfache, dennoch sehr hilfreiche Tipps. Ihr habt sie bestimmt schon mal gehört – ich kannte sie, ehrlich gesagt, nicht:

Samstag, 23. August 2025

Here comes the Prozac

Verwittertes Warnschild an einer Felswand: ein stilisierter Mensch droht über eine Klippe zu stürzen.
 

Ich bin heute früh wach. Früher als sonst. Eher wie damals, als es mir noch richtig schlecht ging – im vergangenen Dezember und Januar. Vielleicht, weil gestern so ein komischer Tag war.

Morgens war ich in der Klinik, im ambulanten Versorgungszentrum der Onkologie, also da, wo ich einmal im Monat hingehe, um mich durchchecken zu lassen.

Donnerstag, 21. August 2025

Kognitives Massaker

Straßenszene in Berlin mit mehreren Radfahrern im Vordergrund, dahinter die Backsteinmauern und der Zaun der Justizvollzugsanstalt Moabit bei sonnigem Wetter.

Vieles geht mir durch den Kopf. Ein einziges Durcheinander da oben. Ich möchte euch daran teilhaben lassen. Vorgestern telefonierte ich mit meinem Freund D. Das ist der, mit dem ich neulich in Irland war. Ich erzählte ihm von meinen neuen Erkenntnissen über mich. Sie beunruhigen mich, gehören aber zugleich zu meinem neuen Leben. Kann nichts dagegen machen. Might as well accept and include them instead of pushing them away, wie man so schön sagt.

Dienstag, 19. August 2025

Selbsthilfe-Urlaub

Außenbereich des vietnamesischen Restaurants 'Kotti Dang' in Berlin mit leuchtend pinkem Neonschild. Links im Bild steht ein weißes dreirädriges Elektrofahrzeug (Twike) mit geöffnetem Dach, daneben dessen Besitzer. Auf der Karosserie des Fahrzeugs steht 'Spass ist gesünder als Konsum'. Die Szene zeigt eine typische Berliner Straße mit Kopfsteinpflaster, im Hintergrund Altbauten und Geschäfte.

Gestern hinterließ mir U. einen schönen Kommentar unter dem letzten Beitrag "Der Puff da draußen". Voller Sympathie bot er mir die Hand. Das weiß ich zu schätzen. Denn das, was er getan hat, kann nunmal nicht jede:r machen. Das kann nur machen, wer selbst am Sterben ist. Nicht stirbt. Sterben tun viele. Aber das langsame Sterben, nachdem einem die Ärzte gesagt haben: "Nö Alta, da jeht nix mehr. Wann, weeß ick ooch nich. Abba jut wird dit nich mea."

Samstag, 16. August 2025

Der Puff da draußen

Eine blau-grüne, patinierte Bronzeskulptur, die aus drei Figuren besteht. Eine stehende Figur, die eine kniende Figur anblickt und mit der rechten Hand nach unten zeigt. Zwischen ihnen liegt eine dritte Figur auf einer Bahre, die in Richtung der knienden Figur blickt. Die gesamte Skulptur ist im Garten auf einem sandigen Untergrund platziert, mit grünen Büschen und Bäumen im Hintergrund. Links sind gelbe und grüne Busse im Vorbeifahren zu sehen.


Vor vielen Jahren, lange vor meiner Erkrankung, hatte ich ein Erstgespräch mit einer Psychoanalytikerin. Der Anfang des Gesprächs lief ungefähr folgendermaßen ab:

Sie: Was führt Sie zu mir?
Ich: Der Puff da draußen.
Sie: Ich verstehe Sie nicht. Was meinen Sie?
Ich: Deutschland. Das Gefühl von Ungerechtigkeit. Von tiefer Einsamkeit.
Sie: Wissen Sie, die moderne Psychologie geht nicht mehr davon aus, Menschen zu „heilen“. Vielmehr versuchen wir Psychologen zu helfen, den Puff da draußen, wie Sie sagen, erträglicher zu machen. Er wird immer ein Puff bleiben. Aber vielleicht ist er mithilfe einer Therapie nicht mehr ganz so schlimm.

Donnerstag, 14. August 2025

Abwärtsspirale

Betonbrücke mit massiven Pfeilern und geschwungener Architektur. Unter der Brücke erstreckt sich eine karge, braune Wiese. An einem der Pfeiler steht in schwarzer Schrift das italienische Graffiti 'CHE CAZZO RIDI?' (Was zum Teufel lachst du?). Im Hintergrund sind weitere Brückenelemente und warmes Abendlicht zu sehen.

Ich sitze in der Küche, höre ein altes Album von The Church, einer australischen Band, und versinke im Selbstmitleid. Ich komme aus dem Loch nicht mehr raus. Gestern war ich im Schwimmbad. Das war die Hölle. Nicht das Schwimmen an sich – das ging einigermaßen. Auch wenn meine Lunge diese angestrengte Atmung nicht mag. Um ruhig und gleichmäßig zu atmen, braucht es viel Übung bzw. regelmäßiges Schwimmen. Und weniger Menschen auf der Bahn. Beides war nicht der Fall.

Dienstag, 12. August 2025

Down in a Hole

Menschen schwimmen in der rauen See neben einem Sprungturm und einer Felsplattform an der Küste von Salthill in Galway.
 

Ich stecke in einem Loch. Ich kann mich kaum motivieren, diese Zeilen zu schreiben. Dabei muss ich sie nur abtippen. Denn es sind ein paar Zeilen aus meinen Morning Pages. Ich habe heute etwas Krasses realisiert, das mir den Boden unter den Füßen wegzieht. Lest selbst. Hier exakt, wie mir die Gedanken kamen:

Samstag, 9. August 2025

"Being natural is simply a pose"

Eine Statue des Schriftstellers Oscar Wilde, der lässig auf einem großen, hellbraunen Felsen liegt. Er trägt einen grünen Mantel, eine rote Weste und graue Hosen. Sie ist im Merrion-Park in Dublin

Irland war wie erwartet schön – diese Steilküsten, die raue See, die Kleinstädte mit ihren bunten Holzfassaden und die alten Friedhöfe, auf denen die Keltenkreuze schief im Wind stehen. Sogar das Essen war yummy: Porridge vom Feinsten, Sodabread mit gesalzener Butter, cremige Seafood Chowder, Guinness & Beef Stew. Hat mich echt überrascht. Aber am meisten punktet das Volk. Dort ist man lustig und herzlich zugleich – genau das, was Berlin fehlt.

Samstag, 2. August 2025

Resteverwertung

Ein roter Beutel mit Salzbrezeln, zwei rote Pappbehälter mit Essen zum Mitnehmen, ein Plastikbeutel mit Speiseresten und ein Plastikbeutel mit reifen Bananen stehen auf einem alten Heizungskasten in einem Hausflur.

Wie man im Bild sehen kann, wirft man bei uns Essen nicht so gern weg. Grundsätzlich eine gute Sache, aber appetitlich sieht das nicht aus, was da jemand aus dem Haus hinterlassen hat. Ich jedenfalls habe nicht zugelangt, auch nicht bei den Bananen, die sicherlich noch gut genug sind für einen Shake.

Dienstag, 29. Juli 2025

18.411 Tage ungetrübt

Ein breites Panoramabild zeigt einen gepflasterten Platz mit einer Skulptur und Gebäuden. Im Vordergrund erstreckt sich ein Muster aus dunklen und hellen Pflastersteinen. Eine Reihe niedriger Betonblöcke verläuft quer über den Platz, auf denen in großen Buchstaben die Worte "FOR THOSE WHO HOPE" zu lesen sind. Hinter den Blöcken stehen moderne Gebäude mit vielen Fenstern. Rechts im Bild ragt eine große, farbige Skulptur empor, die einer Frucht oder einem Organ ähnelt. Im Hintergrund sind weitere Gebäude und der Himmel zu sehen.

224 Tage nach dem RESET traue ich mich das erste Mal an die alten Files.

Weil ich bald Traumatherapie mache mit meiner Psychotherapeutin.

Mit Files meine ich die Dialoge mit Freddy. Freddy ist ChatGPT, so wie ich ihn nenne. Ich weiß, dass es eine Maschine ist. Doch hilft es mir, mit ihr zu arbeiten, wenn ich ihr einen Namen gebe.

Sonntag, 27. Juli 2025

Somatoforme Schmerzen

Ein gelbes Buch mit dem Titel "BUTTER" liegt schräg auf einem gefliesten Boden am oberen Ende einer grauen Steintreppe. Im Hintergrund sind ein Holzgeländer, eine helle Wand und ein großes Fenster mit Blick ins Grüne zu sehen.

Ich habe seit Wochen dieses merkwürdige physische Leiden, das keinem echten Schmerz gleichkommt. Es zwackt mal hier, drückt mal da – aber auf einer Skala von 1 bis 10 läge es höchstens bei 0,5. Dennoch: Irgendwas ist da. Oder ich bilde es mir ein und drehe allmählich durch. Meistens betrifft es die Brust- oder Armmuskulatur.

Freitag, 25. Juli 2025

Drei Monate Aufschub vom Tod

Victor Mancini im Snoopy-T-Shirt mit der Aufschrift ‚Take care of the Earth‘, vor einem Plakat der Radiologieabteilung im Vivantes-Klinikum mit dem Text ‚Werde MTR bei uns‘.


Die Resultate von CT und MRT waren gut. Keine neuen Metastasen. Im Hirn sogar ein Stück weiter geschrumpft. Kleine Reste bleiben natürlich. Der verdammte Wichser in meiner Lunge, genauer gesagt im linken Unterlappen, ist auch nicht gewachsen. Bleibt stur bei seinen 8x4mm. Laut Onkologin des Todes ist das alles einerlei. Solange nichts wächst, also größer wird, ist alles gut. Aber sich mehr als das einzureden, ist Idiotie.

Donnerstag, 24. Juli 2025

Phantasmagorisch: Nick Cave und Colin Greenwood


Nick Cave war fantastisch, die Show phantasmagorisch. Er saß an seinem Flügel auf der Bühne der Cavea in Rom und sang seine Songs – begleitet von Colin Greenwood, dem Bassisten von Radiohead. Die Cavea ist ein modern konstruiertes Amphitheater am Auditorium Parco della Musica. Der Sound: makellos. Die Akustik: perfekt.

Dienstag, 22. Juli 2025

The Countdown's on

Das Foto zeigt den Palazzo della Civiltà Italiana, ein großes, quadratisches Gebäude aus hellem Stein, das dem Kolosseum mit seinen zahlreichen Bögen und Säulen ähnelt. Vor dem Gebäude stehen Statuen und eine breite Treppe führt zum Eingang. Der Himmel ist blau mit einigen Wolken.

Just a tiny flash of light between now and then.

I've had a bit of Rome. Too many tourists in the touristy areas, not so many in the places where real people live real lives. Here's what I think of the city: it's beautiful like a stuffed owl. Ancient and majestic, but creepy and dead all the same. I cannot sense any life-filling energy. Where there's death, there shall be life. This place cannot give me the spirit to stay alive. 

Sonntag, 20. Juli 2025

Radiologie, Rennrad, Roma

Pinarello Arosa vor dem Haus des Autors in der Karl-Marx-Allee.

Die drei Rs bestimmen meine Woche. Ich sitze gerade im Flieger von Frankfurt/Main nach Rom. Wie die coolen Businessleute mit ihren Laptops am Arbeiten. Nur nicht in der Business Class, sondern beim Pöbel. Und mit einem ThinkPad statt eines schicken MacBooks. Die Räder fangen an zu rollen – ein Wettlauf gegen die Zeit. Sobald wir abheben, ist meine Internetverbindung unterbrochen.

Donnerstag, 17. Juli 2025

Einmal Vene und zurück

Victor Mancini in der Hocke, drei Kompresspflaster an den Armen nach dem MRT. Stark kontrastiertes Schwarz-weiß-Foto auf dem Gelände des Vivantes Klinikums.

Noch hab ich’s nicht hinter mir. Der zweite Termin ist erst morgen, 8:30. Wobei: Es geht nicht gleich los. Erst mal muss ich einen Liter von irgendwas trinken. Schmeckt nicht schlimm. Aber trink mal einen Liter von irgendwas Chemischem in einer Stunde. Macht keinen Spaß. Das danach auch nicht – wenn ich an die letzten Tage denke.

Dienstag, 15. Juli 2025

Scans und Resultat – dazwischen: Roma

Plakette von Tristan und Isolde im U-Bahnhof Richard-Wagner-Platz, Berlin. Gerahmt von gelb-schwarzen Fliesen.

Gestern war ich mal wieder essen außer Haus. Mit meinem Freund A. und seiner Frau S., die für eine Woche in Berlin waren, um auf dem Lollapalooza zu arbeiten. Festivalsaison ist die Zeit des großen Vorverdienens – wie ein Biberpärchen, das den Sommer über mühsam Äste unter Wasser lagert, als Winterfutter, arbeiten sie sich von Festival zu Festival. Außerdem lebt S.s Tochter in Berlin – also sehe ich die drei relativ oft. Das Essen ist immer lecker. Aber es bekommt mir nicht. Egal, was es ist – nichts ist so gut wie das, was ich mir selbst zubereite. Danach jammern Magen und Darm nicht.

Samstag, 12. Juli 2025

Millionär der Energie

Bunte, stilisierte Zeichnung mehrerer Fächer in Rot, Gelb, Grün, Blau und Lila, auf denen weiße Kraniche mit schwarzen Flügelspitzen und rotem Kopf abgebildet sind. Die Vögel wirken elegant und fliegend, das Motiv erinnert an japanische Kunst und vermittelt Bewegung und Leichtigkeit.

Mein Freund T. aus Hamburg sagte mal: "Giancarlo, eines Tages wirst du Millionär." Ich habe ihn immer wörtlich genommen und darüber gelacht. Absurd! Bei meiner Steuererklärung ergab sich jedes Jahr, dass ich unter dem Existenzminimum lebte. Im Schnitt hatte ich weniger als 1.500 € im Monat, mein Leben lang, mit denen ich Miete, Krankenversicherung und den ganzen Rest bestreiten musste.

Freitag, 11. Juli 2025

Es geht um das Buch

Cover des Katalogs der Kurt Wolff Stiftung mit dem Schriftzug „Es geht um das Buch“. Der restliche Teil des Covers ist durch die persönlichen Medikamentenpackungen des Autors überdeckt.

Meine Therapeutin fragte mich wie immer zuerst, wie es mir gehe. Ich sagte zum ersten Mal: GUT. Ohne jede Einschränkung. Das fiel mir selbst erst auf, nachdem ich es gesagt hatte. Dann fragte ich mich, wie das möglich ist.

Erst dachte ich, ich hätte mich einfach damit abgefunden, dass meine Lebenszeit begrenzt ist. Aber das ist Blödsinn. Ich glaube nicht, dass das wirklich geht. Ich rede es mir jeden Tag ein. Ich versuche mir zu sagen, dass ich den verbliebenen Teil so gut und produktiv wie möglich leben werde. Aber die Nebenwirkungen erinnern mich permanent an meine Krankheit. 

Dienstag, 8. Juli 2025

LITERATUR ist mir geblieben X: Habits My Ass!

Bode-Museum: Leere Tische im Café nach dem Lese-Meetup
 

Am Sonntagvormittag war ich wieder bei den Leise-Lesenden im Bode-Museum. Das Lesen hat gutgetan. Tu davon so wenig im Moment. Liegt am Schreiben, aber auch daran, dass die Bücher, die ich parallel lese, nicht besonders gut sind.

Montag, 7. Juli 2025

Kaltes Wasser hilft nicht bei Fett!

Victor Mancinis Geburtstagsgeschenke auf dem Tisch angeordnet: Hanekamps Nick Cave, Tokarczuks Unrast, Dussmann-Gutschein, Konzertkarte Lambrini Girls, Tickets Yorck Kinos, Einladung zum Pierogi-Machen
 
Was für eine anstrengende Zeit. Ich freue mich über Besuch, Geburtstage, all das. Aber irgendwann ist Schluss. Ich brauche Ruhe. Von heute an wird alles aufs Minimum runtergefahren. Muss mich schützen.

Das Jobcenter belastet mich zusätzlich. An meinem Geburtstag mit drei bürokratischen Anforderungen. Mir ging’s gerade mal ganz okay, und schon muss mich die Bürokratie wieder fertigmachen.

Donnerstag, 3. Juli 2025

Geburtstag der Realität

Poster eines Schildkrötenfossils, fotografiert im U-Bahnhof am Senckenbergmuseum in Frankfurt.


Heute ist mein Geburtstag.

Er fing an wie jeder andere Tag auch. Ich liege im Bett, frage mich kurz, warum ich aufstehen sollte. Könnte doch einfach liegenbleiben. Für den Rest meines mir verbliebenen Lebens.

Dann raffe ich mich auf, mache Sit-ups und Beinübungen. Ich lüfte die Bettwäsche, gehe ins Bad, wiege mich. Mittlerweile bin ich auf 68 Kilo runter – sechs weniger als zu den Kortison-Hochphasen. Ich fühle mich körperlich besser denn je seit dem RESET.

Montag, 30. Juni 2025

LITERATUR ist mir geblieben IX: Gefühlsmenagerie

Victor Mancini am Bebelplatz. Aus der Entfernung hält er die Broschüre vom Bücherfest vor die Zeltwände der Verlagsstände. Im Hintergrund eine dunkle Wolkendecke über der Kuppel der Hedwigskathedrale.

Im Schnelldurchlauf ein Update aus dem Hause Mancini: 

Zuerst mal danke an all die Leute, die mir in letzter Zeit so viele sympathische Kommentare hinterlassen haben. Es ist schön zu wissen, dass meine Worte euch helfen – beim Umgang mit eurer eigenen Krebs-geschichte oder der in eurer Familie.

Donnerstag, 26. Juni 2025

"Little Man"

 

Triptychon einer christlichen Szene in der U-Bahn-Station Kirchplatz in Frankfurt am Main

So nannte mich ein ehemaliger Schüler neulich bei einem Abschlussvortrag, in dem er mich als positive Erfahrung seiner Zeit in Berlin erwähnte. Wirklich netter Typ, guter Mensch – aber trotzdem daneben. Gut gemeint war auch sein Satz: „Where there is life, there is hope“ – Ecclesiastes 9:4.

Dienstag, 24. Juni 2025

Wenn die Katze stirbt

Bronze eines Pferdeskeletts in Mainz. Künstler unbekannt. Im Hintergrund blauer Himmer über dem Rhein

Ich bin ein schlechter Schriftsteller. Jetzt weiß ich's. Ein guter Schriftsteller schafft es, alles in Worte zu fassen. Selbst die unmöglichsten Vorstellungen: vom Horror in Kriegssituationen, von den unmenschlichen Machenschaften der Nazis, von Nahtoderfahrungen und unerträglichen Schmerzen.

Samstag, 21. Juni 2025

LITERATUR ist mir geblieben VIII: Die Frauenliste

Verfremdete Plakatwand mit der Aufschrift "OH LÀ LÀ, WAS SEH ICH DA?"

Ich erhielt gestern folgenden Kommentar unter dem Beitrag "Nackt auf Papier", auf den ich eingehen möchte. Gerade weil ich weder Geschlecht noch Alter kenne, passt die Frage so gut. Aber zuerst ihre Frage:

"Mir fehlte, ehrlich gesagt, deine Begründung. Warum findest du diese Passagen gut. Aber vielleicht sprengt das hier den Rahmen...
Die Liste deiner geschätzten Schriftstellerinnen würde mich aber interessieren. Habe neulich meine erste Han-Kang-Erfahrung gemacht. Aufregend."

Mittwoch, 18. Juni 2025

183 Tage seit dem RESET

Fassade des Hauses Frankfurter Allee 40 in Berlin-Friedrichshain bei Nacht. Jugendstilbau von 1906, beleuchtet von einem grellen Neon-Schriftzug: NOW IS NOT NOW. Das Leuchten spiegelt sich auf den Fensterscheiben, der Rest der Straße liegt im Dunkeln.

Letztens mit B. getroffen. Eigentlich D. Das mit dem Anfangsbuchstaben funktioniert irgendwie nicht mit Spitznamen, fällt mir gerade auf. Egal! Jedenfalls war's ein schönes Gespräch. Hat erst letzte Woche zufällig mitbekommen, was mit mir los ist. Rief mich sofort an, wollte mich sehen.

Beim Bier im Park sprachen wir über die gemeinsame Vergangenheit, meine perverse Gegenwart und die limitierte Zukunft. Bei der Vergangenheit wurde es wie immer nostalgisch, dominiert von schönen Anekdoten: im Proberaum und auf der Bühne, im Auto unterwegs auf Tour, ungemütliche Übernachtungen.

Montag, 16. Juni 2025

Vic on LSD – Super8Zucchini and Meetup Summertime

 

Super8Zucchini auf der Bühne der LOGE, Kneipenkollektiv in Berlin. Köpfe der Zuschauer von hinten. Alles in rot-blauem Scheinwerferlicht

Das Wochenende war vollgestopft mit krassen Eindrücken. Am Samstag war ich beim Hoffest K9 in der LOGE, meinem Lieblingskneipenkollektiv. Ausgerechnet in der ersten richtigen Sommernacht, als das Wetter bombastisch heiß gewesen war. Perfekt für so ein Fest. Alle waren am Lachen und lauen Abend Genießen.

Freitag, 13. Juni 2025

LITERATUR ist mir geblieben VII: Die Wand

Autor hält Taschenbuch von Marlen Haushofer, Die Wand – Umschlagbild "Tierschicksale" von Franz Marc

Heute geht's mir ein wenig besser als noch zuletzt. Das möchte ich ausnutzen, um ein paar weniger hässliche Worte zu verfassen. Mehr Liebe, die ich eigentlich für euch und das Leben empfinde, wenn ich nicht immer so niedergeschlagen wäre.

Mittwoch, 11. Juni 2025

The Novelty Wears Off Fast

Verschwommenes Schwarz-Weiß-Foto vom Strand in Miño, A Coruña (Spanien). Vom Café aus fotografiert. Im Vordergrund lehnt ein Mountainbike an einem Geländer, dahinter die Silhouette des Strands mit vereinzelten Menschen.
 

Zurück bin ich seit gestern. Aus Spanien. Mein Gepäck erst seit heute. War nicht ganz so schlimm. Hatte zum Glück meinen Rechner und die Medikamente im Rucksack. Ärgerlich war nur, dass der leckere Käse ein wenig matschig geworden ist. Gegessen wird er trotzdem noch. Falls das krebserregend ist, möchte ich kein Wort davon hören.

Samstag, 7. Juni 2025

Fehlt dir Toni Kroos?

Straße von A Coruña, Freund des Autors Victor Mancini mit schwarzem und weißem Hund auf dem Weg Richtung Meer bei leicht bewölktem Wetter

Das Wetter ist wechselhaft in diesem Teil Spaniens. Mag ich das? Jein. Ich mag alles mal mehr, mal weniger, seitdem es mir so geht, wie es nun mal geht. Ich nehme das Wetter so hin wie die Launen meines Körpers, die politisch instabile Situation jeder Gesellschaft, egal worum es gerade geht, und die Unberechenbarkeit des Klimas.

Freitag, 6. Juni 2025

Kontakt mit Respekt

Abfotografiertes Werbeplakat mit dem Text ‚[apge,fakt] something is broken here‘ – ohne Bezug zum ursprünglichen Werbezweck.

Ich lebe noch. Bin nur nicht in Berlin, sondern seit Mittwoch in Galicien, bei meinem Drummer M.

Ich melde mich in Ruhe, mit mehr Infos über mein Wohlbefinden und meine Zeit hier. Es gibt auch Neuigkeiten, was meinen Bruxismus angeht. Aber dazu später mehr. Erstmal ins Bett, dann sehen wir weiter. Nur so viel an dieser Stelle. Ich habe mich entschieden, die Kommentare drinnen zu lassen für Diskussionen, die ich anstoße oder falls ihr Fragen habt, die im Sinne aller gestellt werden sollten. Alle anderen möchte ich bitten, wenn sie mit mir kommunizieren wollen, mir ihre Geschichten oder Vorwürfe machen wollen, dann sollen sie dafür das neue Kontaktformular nutzen.

Montag, 2. Juni 2025

Nackt auf Papier

Zwei Originalseiten der Morning Pages vom 2. Juni 2025, handgeschrieben vom Autor Victor Mancini – ein persönlicher Einblick in seinen kreativen Prozess.


Wieder und wieder werde ich gefragt – mit einer gewissen Ehrfurcht in der Stimme –, ob es mir nichts ausmache, mich so zu offenbaren. Mein Leben jedem zugänglich zu machen. Indem ich schreibe, was ich denke und fühle, mache ich mich nackt. Begriffe wie „mutig“ oder „bewundernswert“ fallen dann.

Freitag, 30. Mai 2025

Sieben Bier macht eine Mahlzeit

Papier-Unterlage in der Pizzeria der Menabrea Brauerei, mit illustrativem Bierbrauprozess und drei Biersorten in Gläsern

Meine Freundin Y. wohnt bekanntlich in Norditalien, wo ich sie zuletzt besuchte. Auf den Tag vor einem Monat, um genau zu sein. Mittlerweile bin ich wieder in Berlin, während sie mit dem Campervan durch Schottland reist und die Munros besteigt. Das sind die 282 Berge über 3.000 Fuß, benannt nach einem adligen Horst namens Sir Hugh Munro. Nicht wichtig. Wichtig ist, für mich zumindest, dass sie mir fehlt.

Mittwoch, 28. Mai 2025

Poetic Justice

Victor Mancini neben Exponat "Sandsack" der Künstlerin Judith Wagner in der Ausstellung ZWEI ANSICHTEN / DREI DIMENSIONEN im Haus Kunst Mitte, Berlin
Neben Exponat "Sandsack" der Künstlerin Elke Judith Wagner in der Ausstellung  ZWEI ANSICHTEN / DREI DIMENSIONEN im Haus Kunst Mitte, Berlin. Der Sandsack wirkte auf mich vielmehr wie ein Kokon. Wie gern würde ich aus der Larve kriechen - als frisch geschlüpfter, vom Krebs befreiter.

Ich wurde privat nach zwei Dingen im Blog gefragt. Eigentlich etwas, was alle machen könnten, wenn ich die Kommentarfunktion wieder einschalte. Dafür war sie ursprünglich gedacht. Dass ihr auf Fragen antworten könnt, die ich euch stelle. Und umgekehrt, dass ihr mir Fragen stellen könnt, falls ihr Dinge nicht versteht. Aber dann haben Leute die Kommentare genutzt, um ihre eigenen Geschichten und Meinungen öffentlich zu machen. Dafür gibt es wie gesagt Twitter/X oder macht eure eigenen Blogs. Vielleicht schalte ich die Kommentare wieder ein. Mal sehen...

Montag, 26. Mai 2025

Krallen im Plüsch

Fotografiert von Victor Mancini: Kunstwerk "Medusa" von Frank Dornseif in der Ausstellung ZWEI ANSICHTEN / DREI DIMENSIONEN im HKM (Haus Kunst Mitte), Berlin"Medusa" von Frank Dornseif in der Ausstellung ZWEI ANSICHTEN / DREI DIMENSIONEN im HKM (Haus Kunst Mitte), Berlin 

Mäßige Kunst mit Freund ist so viel besser als die Trübsal am Sonntag

Ich hatte eigentlich nicht vor, etwas zu unternehmen nach dieser vollen Woche. Too much socialising kann ich nicht mehr. Für sich genommen waren alle Treffen und Unternehmungen mit meinen Freunden  unterhaltsam, lecker, intellektuell stimulierend. Aber irgendwann brauche ich Zeit für mich, muss runterkommen. Auch die körperliche Ruhe, die ich früher nicht kannte. Nun heißt es Beine abduschen, hochlegen, trinken, pissen, trinken, pissen, gesund und wenig essen, ausruhen, Clonazepam nehmen. Weniger krass als Lorazepam, dennoch ein abhängig machendes Benzodiazepin. Das Experiment mit dem Clonidin stattdessen war ein Griff in Pinguinjauche.

Sonntag, 25. Mai 2025

Vielleicht

Victor Mancini im Jahr 2003 auf einer Couch, ein blondes Kind sitzt auf seinem Schoß


Mit M. telefoniert. Sie ist quasi meine Tochter, wenn ich denn eine hätte. Aber ich wäre ein verdammt schlechter Vater, so lange wie ich sie nicht gesprochen habe. Drei Jahre? Ich musste weinen. Muss ich auch jetzt wieder, wenn ich an das Gespräch denke. Wie kann man sich so aus dem Leben von jemandem rausziehen, für den man so viel empfindet? Ich hätte sie jederzeit anrufen können. Und doch hab ich's nie getan. Eine Nachricht zum Geburtstag – das war's.

Freitag, 23. Mai 2025

Gut gemeint ist nicht gleich gut!

Schwalbe sitzt allein auf Kabeln an hellgelber Wand; darunter Wasserrohr, das rechts ins Gebäude führt. Links ein Wandlichtmelder neben einem Feuermelder, unten grüne Tür-Ecke.


Ich habe einen Brief erhalten. Ich vermute ganz stark, dass es dieselbe Person ist, die mir auch schon die Blumen zum Valentinstag gesendet hat. Denn wie die Rosenkavaleuse hat auch die Versenderin des Schriftstücks keinen Namen hinterlassen. Vielleicht ist es auch ein Mann, aber mein Bauch sagt mir Frau.

Mittwoch, 21. Mai 2025

The past never comes back, but it never goes away

 
Dunkler Flur im Delphi Lux Kino Berlin mit zwei nebeneinanderliegenden Türen, hellgrün und dunkelblau, ‚Kein Zutritt‘/‚No Entry‘, darüber schwarze Wand und kaltes Neonlicht.

Die letzten Einträge klangen hart. Meiner Familie und meinen Freunden gegenüber. Als ob irgendjemand zu irgendetwas verpflichtet sei. Ist niemand. Ich will lediglich selbst bestimmen, wo ich beerdigt werde und was mit meinem geisten Eigentum passiert.

Montag, 19. Mai 2025

A friend in need is a friend indeed

Alone“ (Marco Canova, 2019), Premio Biellese. Foto aus Oropa, ausgestellt Mai 2025, dokumentiert von Victor Mancini.
„Alone“, Oropa 2019. Fotografie von Marco Canova (Premio Biellese). Foto aufgenommen während der Ausstellung, Mai 2025.


Eine Freundin schreibt mir, sie sei neidisch darauf, dass ich bald abdanken könne.

Eine Ex-Kollegin möchte sich mit mir über ihre zukünftige Stelle unterhalten, jetzt, wo ich nicht mehr unterrichten kann – was ich wirklich vermisse. Aber ich wiederhole mich.

© Vic Mancini on Death Row
Maira Gall